„Wenn schon verrückt, dann ganz und gar.“: Über die Gründung des Kampa Verlags

Seit mehr als fünf Jahren blogge ich über Bücher, Verlage und die Menschen dahinter, aber so etwas ist mir bisher noch nicht begegnet. Mit so etwas meine ich einen Verlag, der sich neu gründet und dann gleich ein Verlagsprogramm auf die Beine stellt, welches es mit den großen Verlagen im Ring locker aufnehmen kann. Ein Programm, welches vielleicht sogar K.O.-Schläge erzielt. So schätze ich das erste Programm des Kampa Verlags ein. Beziehungsweise ist es nicht nur ein Verlag, der gegründet wird, sondern es sind gleich zwei: Neben dem Kampa Verlag gründet Daniel Kampa auch gleich noch den Gatsby Verlag und kommentiert das mit den Worten: „Wenn schon verrückt, dann ganz und gar.“
In diesem Herbst veröffentlichen der Kampa Verlag und der Gatsby Verlag eine Vielzahl schöner Bücher, beispielsweise „Kinder des Zufalls“ von Astrid Rosenfeld (bisher Autorin im Diogenes Verlag), „Hinter den drei Kiefern“ von Louise Penny (der erste Teil einer erfolgreichen Krimiserie aus Kanada), viele Bücher von George Simenon (mit der Zeit soll die Gesamtausgabe seines Werks veröffentlicht werden) sowie eine bibliophile Ausgabe von „Der große Gatsby“ von F. Scott Fitzgerald. Und ein ganz persönliches Highlight von mir ist die Reihe „Kampa Salon“, in welcher Gespräche mit großen Persönlichkeiten wie Susan Sontag, Claude Lévi-Strauss, David Bowie oder Joan Didion verlegt werden. Mein persönlicher Liebling ist schon jetzt der Reader mit Auszügen aus den ersten sieben Bänden. Daniel Kampa hat also viel vor in diesem Herbst und umso mehr freue ich mich, dass er die Zeit gefunden hat, mit mir ein kleines Interview zu führen.
Interview mit dem Verleger Daniel Kampa
Wie wahnsinnig muss man sein, um im Jahr 2018 noch einen neuen Verlag zu gründen? Wie kam es zur Verlagsgründung?
Ohne Wahnsinn geht es nicht. Wahnsinn gepaart mit Optimismus, dem Glauben an die Zukunft des Buchs und sehr viel Leidenschaft. Nicht zuletzt mit einem guten Team, das mindestens ebenso wahnsinnig ist wie man selbst. Ich war zwanzig Jahre lang bei Diogenes und zuletzt vier Jahre als Verleger bei Hoffmann und Campe in Hamburg. Dann war es an der Zeit für etwas Eigenes.
Was will der Kampa Verlag anders machen als andere Verlage?
Wir wollen gar nicht so viel anders machen, eher so arbeiten, wie es eigentlich für Verlage selbstverständlich sein sollte, heute aber immer seltener ist: Wir wollen uns Zeit nehmen für Bücher und Autoren, durchaus auch Bücher riskieren, die vielleicht schwieriger im Markt durchzusetzen sind, ältere Bücher wieder neu auflegen, die es wert sind und die von anderen Verlagen vernachlässigt oder aufgegeben wurden, den Fokus auch auf eine schöne und wertige Ausstattung legen.
Auch wir können nicht zaubern, aber ab einer gewissen Größe eines Unternehmens geht sehr viel Energie für Kommunikation, Organisation und Verwaltung drauf. Für mich hat ein Verlag die ideale Größe, wenn alle mittags gemeinsam essen können – dann ist beim Dessert jeder à jour und man kann arbeiten. Wladimir Majakowski, einer meiner Lieblingsdichter, hat mal geschrieben: »O Leute, beruft nur noch eine Sitzung – zum Zweck: alle Sitzungen auszumerzen!« Damit spricht er mir aus der Seele. Wir machen Besprechungsspaziergänge, statt in Konferenzzimmern zu sitzen. Das wäre in größeren Häusern nicht denkbar.
Wie werden die Bücher und Autoren, die verlegt werden, ausgewählt?
Der vielleicht größte Vorteil eines eigenen Verlags: nur noch die Bücher machen, die einem gefallen. Noch in diesem Jahr erscheint zum Beispiel F. Scott Fitzgeralds Roman Der große Gatsby mit dem Umschlag der amerikanischen Erstausgabe. Der große Gatsby ist einer meiner Lieblingsromane, ich lese ihn jedes Jahr aufs Neue. So war es fast selbstverständlich, dass der Roman im ersten Programm meines eigenen Verlags seinen Platz finden muss.
Ein großer Schwerpunkt des Verlages sind die Bücher von Georges Simenon. Warum ist das so? Woher kommt die Leidenschaft für Simenon?
Simenon ist einer meiner absoluten Lieblingsautoren, und es ist ein Traum, diesen Autor und sein Werk zu betreuen. »Ich erzähle eine Geschichte – und das ist alles«, sagte er über sich selbst – und das fasziniert mich an Simenon: Er ist einfach einer der größten und zeitlosesten Erzähler der Welt. Die Vielfalt seiner Themen, Figuren und Schauplätze ist unglaublich. Wer nur die Maigrets kennt, sollte unbedingt die großen Romane für sich entdecken. Und auch die Maigrets kann ich wieder und wieder lesen, ohne mich zu langweilen. Auch meine Lektorin Cornelia Künne stellt, obwohl sie hoffnungslos überarbeitet ist, immer wieder fest: Simenon ist einfach verdammt gut!
Wie anstrengend ist es wirklich, einen neuen Verlag zu gründen?
Ich wurde neulich von einer Journalistin gefragt, wie ich meinen Verlag in drei Worten beschreiben würde. Ich habe die Frage an meine Kolleginnen weitergeben. »Stress, Stress, Stress«, rief da die eine lachend aus dem Nachbarbüro. Die andere zitierte Churchill: »Blut, Schweiß und Tränen«. Es ist anstrengend und bedeutet viel Arbeit. Ein Verlag ist wirklich kein Ponyhof, eher ein Rennstall, denn jedes Buch ist im Wettstreit um die Gunst des Publikums. Wir wollen, dass unsere Bücher und Autoren wahrgenommen werden, auf den Tischen der Buchhandlungen liegen, von der Presse – und auch von Bloggern – besprochen werden und schließlich den Weg in die Herzen der Leser finden.
Vielen Dank für das Gespräch!
Hallöchen,
ich hatte von diesem Verlag bisher nichts gehört, aber jetzt bin ich wirklich neugierig geworden. Und „Hinter den Kiefern“ klingt schon so toll, und das obwohl ich Krimis gar nicht so sehr mag 😀
Also danke für den Tipp!
Liebste Grüße, Kate
Das freut mich sehr! 🙂
Sehr interessanter Beitrag! 🙂
Danke!
Ich beobachte den neuen Verlag auch schon und bin sehr gespannt, was da kommen wird. Einen interessanten Krimi hab ich schon verraten bekommen. Nun freue ich mich auf sein Erscheinen.
Danke für das schöne Interview.
Liebe Grüße,
Mona
Vielen Dank! Freut mich, dass dir das Interview gefallen hat. 🙂
[…] Schon mal was vom Kampa Verlag gehört? Nein? Ich auch nicht. Bis Frau Hemingway so nett war, diesen neuen Verlag vorzustellen, dessen erstes Programm es schon ganz schön in sich hat. Den Beitrag findest du hier. […]