Warum wir endlich aufhören müssen, Bücher und den Buchhandel tot zu reden

Das Buch stirbt! Wirklich?
Erst am vergangenen Donnerstag ist es wieder passiert, da gab es einen vermeintlich spannenden Aufhänger für ein Fernseh-Interview: „20% weniger Buchkäufer innerhalb von 4 Jahren“ war zu lesen bei 3Sat und damit wurde der Untergang der Buchbranche, wie wir sie kennen, wieder einmal prophezeit. Ich habe das so satt! Glücklicherweise hält der Verleger Helge Malchow im Interview dann doch gegen diese „Begräbnis-Stimmung“. Verlage müssen sehr wohl den Markt beobachten und auf das Verhalten ihrer Leser reagieren, aber das mussten sie schon immer. Jedes Unternehmen muss jederzeit immer den Markt beobachten.
Zu Beginn des Jahres veröffentlichte der Börsenverein des deutschen Buchhandels eine Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), nach dieser Studie sank die Anzahl der Buchkäufer in den Jahren 2012 bis 2016 um 6,1 Millionen. Aber ist das wirklich Grund, den Glauben an das Buch und den Buchhandel zu verlieren? Denn schließlich sind immer noch 45,6% der Bevölkerung Buchkäufer und es wurden 2016 4,14 Mrd. € für Bücher ausgegeben.
In die gleiche Kerbe schlagen dann die großen und kleinen Zeitungen, wenn sie wieder einmal über das Buchhandlungssterben schreiben. Dabei wird vergessen, dass die genauen Gründe für die Aufgabe einer Buchhandlung eben nicht immer von einer Statistik abgelesen werden können. Was ist denn beispielsweise mit den Buchhandlungen, die keinen Nachfolger finden oder aus Krankheit aufgegeben werden? Und leider wird über den Schreckensmeldungen ebenfalls vergessen, dass sehr wohl auch neue Buchhandlungen mit tragfähigem Konzept gegründet werden. Besonders schön finde ich diesen Artikel über Buchhandlungen in der Schweiz und wie sie sich neu erfinden. Aber auch deutsche Buchhandlungen leisten großartige Arbeit und sind mit unter über die Grenzen der eigenen Stadt bekannt, wie die Buchhandlung am Freiheitsplatz in Hanau, der Buchladen Neusser Straße in Köln, ocetlot in Berlin und Stephanus Bücher in Trier beweisen.
Neuerdings sollen sogar Buchblogs tot sein. Wer sagt das denn bitte? Ich habe nirgends eine zitierfähige Quelle gefunden. Es gibt nur ein diffuses Gefühl, dass sich manche Influencer-Träume eben nicht erfüllt haben. Ja, es gibt weniger Buchblogger, aber das ist doch vor allem auf den vermeintlich zu hohen Aufwand der Umsetzung der DSGVO zurückzuführen und nicht auf den Tod der Bücher.
Können wir jetzt bitte endlich Weitermachen und nicht glauben, dass das Buch tot sei?
Ich habe nun ziemlich viele Beispiele aufgezählt, warum der Buchhandel stirbt und zugleich diese These immer wieder entkräftet. Das Problem mit solchen Meldungen ist doch, dass sie sich in den Köpfen ihrer Leser und Hörer festsetzen, obwohl die Realität doch gar nicht so negativ ist. Aber wenn einmal Menschen an etwas glauben, dann wird es häufig auch wahr. Ja, man kann Bücher und den Buchhandel tot schreiben, aber man kann es eben auch lassen. Bitte liebe Medien, überlegt doch bitte einmal vor der Veröffentlichung, ob es nun wirklich das Horror-Szenario sein muss!
Alternativ könnte auch über die vielen positiven Beispiele in der Buchbranche berichtet werden und davon gibt es nun wirklich so einige. Oder möchte jemand leugnen, dass Buchmenschen besonders für ihre Bücher brennen? Eine dieser besonders leidenschaftlichen Buchmenschen ist die Buchhändlerin Petra Hartlieb aus Wien und ihr Leitsatz lautet: Weitermachen! Sie hat über dieses Weitermachen sogar ein ganzes Buch geschrieben – „Meine wundervolle Buchhandlung“. Also warum machen wir nicht einfach weiter, ohne uns einzureden, dass der Buchhandel stirbt?
Ein sehr schönes Plädoyer an das Buch und die Buchbranche, liebe Janine! Ich bin auch der Überzeugung, dass das Buch alles andere als tot ist und war leicht schockiert, als eine Kollegin aus dem Verlagswesen zu mir meinte, unser Arbeitszweig würde ihrer Meinung nach in 5 Jahren aussterben. Das glaube, nein weiß ich, dass das nicht stimmen wird. Ich habe eher mehr den Eindruck, dass wieder mehr Bücher schätzen und es als besonderes Kulturgut empfinden und so auch wieder mehr Leute ein Buch kaufen. Vielleicht sollten wir dennoch zum einen akzeptieren, dass quantitativ weniger Bücher verkauft werden, ähnlich wie die… Weiterlesen »
Hallo Luise,
danke – mich freut, dass dich mein Artikel genauso beschäftigt. Deine Kollegin tut mir ein bisschen leid, wie kann sie mit diesen Gedanken noch motiviert zur Arbeit gehen?
Gerade die neueren Formen, sich mit Literatur zu beschäftigen/ sie zu produzieren, wie Beispielsweise Bookstagram, Buchbloggen oder auch Selfpublishing zeigen ja, dass Bücher noch lebendig sind.
Viele Grüße,
Janine
Meine Rede – DANKE. Mir geht das alles auch ziemlich auf den Senkel … es gibt wunderbare Gegenbesipiele – wie zum Beispiel den Kampa Verlag. Aber es ist halt leichter zu jammern, als sich zu überlegen, wie man das Problem lösen kann. LG, Bri
Hallo Bri,
ja der Kampa Verlag ist ein sehr gutes Beispiel oder auch der Eisele Verlag. Neu gegründet und in jedem Programm ist mindestens ein Buch dabei, dass sich richtig gut verkauft und viel Resonanz zeigt. Und das bei 4 Titeln pro Programm! 😉
Viele Grüße,
Janine
Huhu Janine,
danke für diesen tollen Beitrag! Ich gebe dir auch völlig recht, selbst wenn sich die Dinge verschieben zB durch mehr Ebooks finde ich, dass es doch viele LeserInnen gibt. Alleine wenn ich im Zug sitze sehe ich oft mehr Leute mit Buch oder Reader in der Hand als mit Handy und selbst darüber kann man ja Ebooks lesen;-) Auch das Bücherschränke etc so beliebt sind und Instagram & Co in Sachen Büchern boomt empfinde ich auch als sehr positiv.
Liebe Grüße, Petra
Hallo Petra,
schön, dass du meine optimistische Sicht teilst! 🙂
[…] Janine meint, wir sollen endlich mit dieser Schwarzmalerei aufhören. Warum könnt ihr bei ihr auf dem Blog […]
Toller Artikel, danke!
Danke!