Von der Notwendigkeit, den Weltraum zu ordnen – Kurzgeschichten von Pippa Goldschmidt

Manchmal denke ich, es werden keine guten Kurzgeschichten mehr geschrieben. Entweder weil überhaupt keine Kurzgeschichten von Verlagen veröffentlicht werden oder weil die, die ich zu lesen bekomme, mir nicht gefallen. Seit ich „Von der Notwendigkeit, den Weltraum zu ordnen“ von Pippa Goldschmidt gelesen habe, glaube ich wieder an die Kurzgeschichte.
Kurzgeschichten über die menschliche Natur und die Wissenschaft
Schon der Debütroman von Pippa Goldschmidt („Weiter als der Himmel“) handelte von der Wissenschaft und der Rolle der Frau in der Forschung. Das ist auch kein Wunder, denn Pippa Goldschmidt kennt dies als promovierte Astrophysikerin aus eigener Erfahrung. Auch in ihren Kurzgeschichten geht es um Hoffnung, Leid, Liebe und die Verbindung zur Wissenschaft. Pippa Goldschmidt verarbeitet unter anderem entscheidende Situationen im Leben berühmter Wissenschaftler zu Kurzgeschichten. Zum Beispiel, wenn Robert Oppenheimer („Der Vater der Atombombe“) versuchte seinen Tutor mit einem vergifteten Apfel umzubringen. Oder eine Kurzgeschichte handelt von Albert Einsteins Trauer als dieser sein erstes Kind verlor. Ebenfalls sehr fasziniert war ich von der Geschichte über Alan Turing und dessen Tod.
Aber es geht in „Von der Notwendigkeit, den Weltraum zu ordnen“ nicht nur um das Leben berühmter Wissenschaftler – es geht auch um das Leben in und mit der Wissenschaft. Gleich zu Beginn gibt es eine seltsam anziehende Geschichte über eine Studentin, die eine Affäre mit ihrem Dozenten hat. Eine meiner Lieblingsgeschichten handelt von einer jungen Wissenschaftlerin, die entdeckt, dass es einen Fast-Zusammenstoß zwischen der Erde und einem Asteroiden geben wird und dafür einen Großteil der Forschungsarbeiten erledigt. Allerdings wird sie im wissenschaftlichen Aufsatz dazu gar nicht als einer der ersten Autoren genannt. Diese Publikationen sind wichtig in der Forschung und besonders wichtig ist es, unter den ersten drei Autoren genannt zu werden und nicht im et al. zu verschwinden.
Von der Notwendigkeit, den Weltraum zu ordnen
Den Kurzgeschichtenstil von Pippa Goldschmidt kann ich nicht oft genug loben. Immer haben ihre Geschichten am Ende eine kleine Wendung, die nochmal einen ganz anderen Eindruck der Geschichte vermittelt – ihr an Bedeutung hinzufügt. Das ist nicht mehr selbstverständlich, denn ich habe gerade in der jüngeren Vergangenheit häufiger Kurzgeschichten gelesen, die diese Wendung nicht mehr haben, aber für mich macht das einen Großteil des Reizes dieses Genres aus. „Von der Notwendigkeit, den Weltraum zu ordnen“ erweitert den eigenen Horizont, denn es verhandelt viele Erkenntnisse aus der Wissenschaft, um die ich mir vor dem Lesen noch nie Gedanken gemacht habe.
Die Geschichten lesen sich einfach gut: Die Charaktere sind trotz des geringen Platzes gut gezeichnet, die Handlung ist spannend und hat mit unter mehr Tiefgang als ein Roman. Noch dazu tragen die Kurzgeschichten so interessante Titel wie zum Beispiel „Wie korrekt muss man sein (um im Leben etwas zu erreichen)“, „Das Schneewittchen-Paradox“ oder „Die nächste Hilfe ist eine Million Lichtjahre entfernt“. Jeder der Kurzgeschichten mag, wird auch „Von der Notwendigkeit, den Weltraum zu ordnen“ von Pippa Goldschmidt lieben und jeder der bisher mit dem Genre der Kurzgeschichten nichts anfangen konnte, ebenso.
Pippa Goldschmidt: Von der Notwendigkeit, den Weltraum zu ordnen. Culturbooks. ISBN: 9783959880985. 224 Seiten. 20,00 €.
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Leseschatz
Ich freue mich über Deine Besprechung und bin über jede Stimme froh, die Pippa auch so liebt wie ich… Danke für die nette Verlinkung!
Herzliche Grüße, Hauke
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