Veikko Bartel: Mörderinnen – Fälle aus der Praxis eines Strafverteidigers

Am vergangenen Mittwoch war ich mit meinem Freund auf einer Lesung zum Thema Mörderinnen in Chemnitz. Ich hatte die Karten für die Lesung wenige Tage zuvor mit gemischten Gefühlen gekauft: Zum einen freute ich mich auf das spannende Thema, zum anderen hatte ich aber doch Bedenken, ob meinem Freund diese Lesung gefallen würde oder ob er sich gnadenlos langweilen würde. Veikko Bartel ist in Karl-Marx-Stadt (jetzt Chemnitz) geboren und so war die Brücke recht schnell geschlagen. Zwischen 1996 und 2011 arbeitete Veikko Bartel als Rechtsanwalt, ab 1998 sogar als Strafverteidiger. Während dieser Zeit verteidigte er in 30 Mordfällen, was recht viel ist. Auf Grundlage dieser Erfahrungen schrieb er das Buch „Mörderinnen – Fälle aus der Praxis eines Strafverteidigers“.
Ein bedrückender Abend
In „Mörderinnen – Fälle aus der Praxis eines Strafverteidigers“ stellt Veikko Bartel vier verschiedene Fälle von Frauen, die gemordet haben, vor. Darunter eine Gattenmörderin, eine Sadistin, eine Giftmörderin und eine Kindsmörderin. Bei der Lesung am Mittwoch schilderte Veikko Bartel sehr detailliert den Fall der Kindsmörderin: Es begann mit einer Frau, die sich nachts unter Schmerzen aus dem Ehebett schlich, um im Bad ein Kind zu gebären. Ein Kind, von dem weder ihr Mann, noch ihre zwei anderen Kinder etwas bemerkt hatten. Die Geburt war heftig, aber kurz und kaum wenige Minuten danach, erstickte die Frau ihr Neugeborenes mit dem Badvorleger. An dieser Stelle machte Veikko Bartel eine Pause und alle hatten diese auch bitter nötig. Was ist das für eine Mutter, die sich von diesem kleinen Menschlein nicht beeindrucken lässt?
Aber die Geschichte geht noch weiter. Besagte Frau arbeitete als Küchengehilfin und irgendwie musste sie dieses tote Baby loswerden. Sie hatte gehört, dass irgendwann einmal ein Koch in einen dieser Kochbottiche gefallen ist, über das Wochenende vor sich hin kochte und danach nur noch Brühe von ihm übrig war. Was dann passierte, könnt ihr euch sicher denken. Die Frau ließ ihr totes Baby ebenfalls über das Wochenende kochen. Am Montag schüttete sie die Reste einfach in die Damentoilette. Bei Veikko Bartels Ausführungen war ich hin und her gerissen zwischen Ekel und Schrecken. Es kam natürlich wie es kommen musste und die Damentoilette verstopfte, woraufhin ein Klempner den Schädel des ermordeten Kindes fand.
Aber auch hier ist die Geschichte nicht zu Ende. Veikko Bartel schilderte an diesem Abend sehr plastisch, welche Umstände diese Frau zu einer Kindsmörderin haben werden lassen. Und um ehrlich zu sein, wäre es für mich besser zu ertragen gewesen, wenn die Frau einfach nur „böse“ gewesen wäre, aber das war sie definitiv nicht. Sie war kein Monster und am Ende tat mir ihre Geschichte einfach nur unglaublich leid.
Mörderinnen – Fälle aus der Praxis eines Strafverteidigers
Die Geschichte dieser Kindsmörderin ließ mich dann nicht los. Als ich am Donnerstagabend nach Hause kam, begann ich das Buch „Mörderinnen – Fälle aus der Praxis eines Strafverteidigers“ zu lesen. Und am Freitagabend las ich gleich noch den Rest des Buchs. Auch die anderen drei Fälle in diesem Buch sind beeindruckend und haben teilweise sehr überraschende Wendungen. Die Geschichten von Ferdinand von Schirach oder Barbara Salesch können da leider nicht mithalten – hinsichtlich Heftigkeit, hinsichtlich Spannung.
Durch Veikko Bartel habe ich verstanden, dass wirklich jeder zum Mord fähig ist, wenn er nur richtig in die Enge getrieben wird. Das absolute Böse trifft man dabei allerdings sehr selten. Und ich habe ebenfalls besser verstanden, wie ein Strafverteidiger es aushalten kann, eine Mörderin vor Gericht zu verteidigen und dabei ein möglichst geringes Strafmaß aushandeln möchte. Hinter so ziemlich jedem Mord steckt eben noch eine tiefgründigere Geschichte, diese gilt es zu ergründen und das schafft Veikko Bartel ausgezeichnet.
Das Buch habe ich im letzten Jahr gelesen und war einige Male sehr schockiert. Den Nachfolger „Mörder“ möchte ich in den nächsten Wochen lesen und bin gespannt, wie er mir gefallen wird.
Mich kribbelt es auch in den Fingern und ich denke, ich werde auch die „Mörder“ lesen. Zu spannend und interessant sind doch die menschlichen Abgründe!
Das Buch ist umgehend auf meiner Wunschliste bzw. direkt in meinem Warenkorb gelandet. Es klingt einfach richtig genial. Vielen Dank für die Buchvorstellung!
Liebste Grüße
Ivy
Hallo ivy,
es freut mich, dass dir mein Artikel gefallen hat! <3
Schönen Sonntag,
Janine
Hallöchen,
ich bin ja schon ein bisschen neidisch. Auf eine Lesung zu „Mörderinnen“ wäre ich auch gerne gegangen, das Buch fand ich genial. Ich musste mich zwingen, es nicht in einem Rutsch durchzulesen. Momentan lese ich Bartels zweites Buch „Mörder“, das mich bisher nicht ganz so packt wie „Mörderinnen“, aber ich bin weiterhin gespannt.
Liebste Grüße, Kate