Ein Roman wie ein Rausch: „Glücksreaktor“ von Max Wolf

Wenn ich nicht sicher bin, ob ich es mit einer Ameise zu tun habe, dann lasse ich folgenden Text ab. Wir sind doch nur eine bessere Aspirintablette, sage ich dann. Wir werden ins Leben geworfen, sprudeln für ein paar Sekunden, und dann lösen wir uns ins Nichts auf.
-Aus: „Glücksreaktor“ von Max Wolf, Seite 7
Glücksreaktor
Das ist der Beginn des Debütsromans „Glücksreaktor“ von Max Wolf und mit diesen wenigen Worten hatte Max Wolf mich überzeugt. Ich wollte sein Buch unbedingt lesen, weil ich mehr wissen wollte über was es heißt, zu sprudeln. Die Ameisen von denen die Rede ist, machen ungefähr 99 Prozent aller Menschen aus. Zumindest sieht der siebzehnjährige Fred das so. Ganz besonders dröge findet er seinen Vater, der bei Siemens in Erlangen arbeitet und in einer Reihenhaussiedlung in der fränkischen Provinz lebt. Freds Mutter ist natürlich auch nicht besser, denn sie ist eine gelangweilte Hausfrau. Fred wirft seinen Eltern vor, lediglich Imitate zu sein und keine eigenen Pläne mit ihrem Leben zu haben. Das nervt Fred so gewaltig, dass er sogar vor seinem Abitur weg von seinen Eltern und in eine eigene Wohnung zieht.
Eigentlich hatte ich an dieser Stelle des Buchs schon erwartet, dass Fred gleich das Abitur sein lässt und die Schule abbricht, aber soweit kommt es dann doch nicht. Fred fetzt der Physikleistungskurs viel zu sehr. Und immerhin sind die freien Nachmittage mit seinem Kumpel Nick und der Tüte Marihuana auch nicht zu verachten. Das ist alle mal besser als Siemens-Ameise in Erlangen zu sein. Über Natalie entdecken Fred und Nick dann auch den Technoclub „Das Boot“ und Ecstasy. Ab da ist am Wochenende immer Raven im Boot auf Speed angesagt. Die Vorfreude aufs Wochenende ist schon am Dienstagmorgen kaum noch zu bändigen. Natürlich bleibt es für Fred auch nicht bei einer Tablette Ecstasy pro Wochenende, schließlich will er auf keinen Fall eine Ameise sein.
Ich will sprudeln.
Es war für mich faszinierend zu lesen, wie Fred immer weiter abrutscht, um ja nicht so zu werden wie seine Eltern. Max Wolf hat beschreibt diese Entwicklung sehr spannend und anhand von jeder Menge physikalischer Begriffe einzigartig. Es ist als wäre ich mit Fred gemeinsam auf Drogentrip im Boot. Jedoch kam ich beim Lesen nicht umhin, mich zu fragen, ob das schon alles ist. Ist Fred wirklich der Meinung, man lebt sein Leben besser, wenn man auf Drogen durch die Nacht tanzt? Man ist keine langweilige Ameise, nur weil man sich berauscht? Natürlich ist das Blödsinn. Ein siebzehnjähriger Abiturient weiß eben auch nicht, wie man sein Leben nicht verschwendet. Nichtsdestotrotz ist der „Glücksreaktor“ ein lesenswertes Buch, auch wenn man nur wissen will, ob Fred vollends zusammenbricht und wie das aussieht.
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