Das wichtigste Business-Buch unserer Zeit: Lab Rats von Dan Lyons

Es war eine Mischung aus Langeweile und Zufall, dass ich das Buch „Lab Rats“ von Dan Lyons gekauft habe. Ich kannte weder den Autor noch den Titel – wie auch, das Buch gibt es bisher nur auf Englisch und in Deutschland verkaufen nicht so viele Buchhandlungen englische Bücher. Aber spontan zog es mich an; beziehungsweise der Untertitel des Buchs zog mich an: „Why modern work makes people miserable“ – Warum moderne Arbeit (und Arbeitsmethoden) unglücklich machen. Meine Erwartungen an das Buch waren nicht besonders hoch, aber schon beim ersten Kapitel realisierte ich, wie wertvoll und spannend Dan Lyons Gedanken über die Arbeitswelt waren.
Lab Rats
Dan Lyons Ansichten sind ungewöhnlich, bisweilen sogar radikal, aber ich kenne kein besseres Buch über Management. Während meines Studiums habe ich davon übrigens so einige gelesen. Wenn ihr im Büro arbeitet, dann habt ihr bisweilen sicher schon von agilen Arbeitsmethoden gehört. Ich zumindest treffe ständig auf das Wort agil und immer in einem positiven Kontext. Agil ist viel besser als bisher. Es ist viel moderner. Aber was ist denn besser und macht es uns wirklich produktiver? Dan Lyons hat seinen Zweifel und je mehr ich darüber nachdenke, ich auch. Auch während meines BWL-Studiums an der Universität ist mir nie eine Studie begegnet, die wirklich die Vorteile von agilen Methoden belegt hat.
Sicherlich gibt es Elemente aus diesem unscharf definierten Bereich, die hilfreich bei der alltäglichen Arbeit im Team sein können, aber dafür muss man erst einmal wirklich darüber nachdenken, ausprobieren und dann auch so mutig sein und etwas wieder abschaffen, wenn es sich nicht beweist. Aber wer macht das schon? Noch dazu proklamieren die großen und wirklich(?) modernen Firmen aus dem Silicon Valley wie gut agiles Arbeiten für ihr Unternehmen ist. Dass diese Tech-Firmen ihre Angestellten extrem ausbeuten und permanent unter Druck setzen, wird gern verdrängt.
Das große Ziel: Abkassieren.
Es war für mich überaus spannend, wie Dan Lyons die Methoden der Ausbeutung beschrieben hat und noch spannender war es für mich, als es um das Geschäftsmodell Start-Up ging. Ja, diese hippen Unternehmen mit einer genialen Geschäftsidee. Dabei geht es in der Regel nur ums Geld für die Gründer und Investoren. Die eigentliche Geschäftsidee ist dabei schon fast egal, Hauptsache die App verspricht in der fernen Zukunft Millionen von Nutzern. Diese Start-Up-Gründer setzen auf sehr schnelles Wachstum, nehmen dabei gern jede Menge finanzielle Verluste hin, um dann mit dem Börsengang das große Geld zu verdienen. Investoren und Business Angels steigen natürlich Freude schreiend mit ein.

Die Nutznießer des Systems sind die Unternehmensgründer und die Investoren. Alle anderen verlieren dabei. Um auch das letzte Geld für die Investoren aus dem Unternehmen zu holen, werden bei den Angestellten die Daumenschrauben angelegt. Das geht sogar so weit, dass Pensionskassen heimlich geschröpft werden (dazu gibt es ganze Bücher von Journalisten). Die Grenze zwischen Freizeit und Arbeit wird absichtlich immer stärker verwischt, damit die Angestellten noch mehr das Gefühl haben, sie müssten jederzeit alles geben. Man ist jederzeit ersetzbar. Dan Lyons ist Amerikaner und beschreibt den amerikanischen Arbeitsalltag. In Deutschland gibt es zum Glück mehr Gesetze für Angestellte, aber nichtsdestotrotz halten diese Arbeitspraktiken auch in Deutschland Einzug. Garniert werden sie mit Tischkicker und hippen Sitzecken.
Gute Unternehmensführung
„Lab Rats“ enthält so viele Aspekte des modernen Arbeitslebens und Dan Lyons analysiert diese sehr klug. Aber er kritisiert nicht nur, er zeigt auch einen anderen Weg der Unternehmensführung und des Managements auf. Möglicherweise könnte man diese Art, Unternehmen zu gründen und zu führen als veraltet bezeichnen, aber sie ist eindeutig nachhaltiger. Im Kern sollten Unternehmen laut Dan Lyons daraufsetzen, ihre Mitarbeiter gut zu behandeln. Ihnen faire Löhne und Gehälter zu zahlen, sie nicht permanent unter Druck setzen oder gar absichtlich in Angst versetzen und generell gute Arbeitsbedingungen hochhalten. Alles andere macht die Mehrheit der Menschheit kaputt, zugunsten von einigen wenigen Superreichen.