
Vor einigen Wochen saß ich abends gemütlich mit einigen meiner liebsten Kommilitonen zusammen und wir haben getan, was man eben als Student so macht: Alkohol trinken und dabei quatschen. Die Stimmung war fröhlich, das Wintersemester war endlich vorbei und mit ihm die ganzen Strapazen um Prüfungen sowie dämliche Projektarbeiten. Zwischendurch war es aber auch einmal ein wenig ernster.
Wirklich nichts?!
An dem Abend kam die Sprache auf das, was wir nach dem Studium machen wollten und was wir eigentlich bisher gelernt hätten. Diese Fragen werden gerade vor Ende des Studiums sehr dringend. Einige von uns, darunter auch ich, werden nur noch bis Herbst Student sein und die Wahrheit ist, wir wissen eigentlich nicht, was wir mit unserem Master in Kundenbeziehungsmanagement genau tun sollen.
In einem dieser Momente sagte Tobias: „Tatsache ist: Wir haben nichts“. Ein Wahnsinnssatz, aber stimmt das? Haben wir wirklich bisher nichts erreicht, nur weil wir bisher keine Urkunde mit einem Master of Science an der Wand hängen haben? Ich denke nicht, denn so fühle ich mich nach den unzähligen Arbeitsstunden als Werkstudentin, den zahlreichen Vorlesungen und aufreibenden Gruppenarbeiten nicht. Deshalb: 3 Dinge, die ich in meinem Studium gelernt habe.
1. Nicht Fakten, sondern Methoden zählen.
Ich studiere BWL. Dieses Studium ist prädestiniert für Prüfungen und Fächer, bei denen man im Vorfeld 500 Seiten Buch auswendig lernt. Faktenwissen ist sehr beliebt, aber genau dieses habe ich in den meisten Fällen ziemlich schnell vergessen. Nach so vielen Semestern kann ich sagen, dass ich die größte Freude an Vorlesungen hatte, die Wissen über Vorgehensweisen und Methoden gelehrt haben. In der Regel waren das eher mathematisch-logische Fächer, aber nicht nur. Diese gelernten Methoden vergesse ich nicht und ich kann sie inzwischen sehr gut anwenden. Das gute an Faktenwissen ist übrigens, dass es sehr schnell nachschlagbar ist und ich kein schlechtes Gewissen haben muss, wenn ich es vergesse.
2. Ausdauer wird belohnt.
Ausdauer habe ich in meinem Studium bisher sehr oft benötigt. Nicht nur, dass es eine Weile ist, die man benötigt, um ein Studium überhaupt zu beenden. Manchmal ist eine einzige Vorlesung schon eine Geduldsprobe: In solchen Fällen ist der Professor einfach nur langweilig wie ein Stück Radiergummi oder der Stoff ist so schwierig, dass man schon nach 5 Minuten aussteigt. Aber ohne Ausdauer keine Note und ohne Note kein Abschluss. Ähnlich verhält sich das mit Seminararbeiten, bei denen nur das Thema cool klingt oder fancy Praxisprojekte/Fallstudien, die am Ende nur der hundertste Aufguss eines Standardproblems in Unternehmen sind. Das ist zum Glück nicht immer der Fall, aber mindestens einmal pro Semester schon.
Am deutlichsten habe ich gesehen, dass sich Ausdauer lohnt als ich mich für ein Stipendium beworben habe. Am Ende meines Bachelors war es hinsichtlich des Geldes sehr knapp, denn ich bekam ohnehin kein BAföG und ich wurde bald zu alt für Kindergeld und die Familienversicherung. Schon ein Jahr vor meinem 25. Geburtstag war mir dieses Problem bewusst und ich kümmerte mich intensiv um ein Stipendium, weil meine Noten und mein Ehrenamt das locker hergaben. Ich verfasste zwei Bewerbungen für unterschiedliche Stipendien und wurde in beiden Fällen abgelehnt. Das war ernüchternd, aber im Jahr darauf bewarb ich mich erneut beim Deutschlandstipendium und mittlerweile wurde es mir drei Mal verliehen. Dies hat mir gezeigt, dass wenn man mich vorn zur Tür hinauswirft, dann muss ich einfach durch die Hintertür wieder herein und nerven bis ich mein Ziel erreicht habe.
3. Zum Glück braucht es nicht viel.
Ein gängiges Studentenklischee ist, dass sie nicht viel Geld haben. Das Schlimme ist, dass dieses Klischee wahr ist. Geldsorgen haben mich auch durch mein Studium begleitet, aber sie haben mir gezeigt, dass ich gar nicht so viel benötige, wenn es darauf ankommt. Dieses Wissen beruhigt mich jetzt ungemein, weil ich weiß, dass ich das alles schon einmal überlebt habe und es mir dabei nicht unbedingt schlecht ging.
Eigentlich ging es mir sogar immer am besten bei Tätigkeiten, die nicht viel Geld kosten. Zum Beispiel beim Sonnen auf der Wiese, Treffen mit Freunden oder beim Buchlesen. Früher habe ich sehr oft Bücher in der Uni-Bibliothek ausgeliehen. In guter Erinnerung geblieben, sind mir auch meine Urlaube über die Semesterferien: Sehr oft bin ich zu meinem besten Freund nach Marburg gefahren und habe in seiner WG für mindestens eine Woche übernachtet. Gekostet hat mich das ein Zugticket, ein Gastgeschenk und etwas Geld für Lebensmittel vor Ort. Ich fahre übrigens noch immer gern nach Marburg, auch wenn ich mir einen anderen Urlaub leisten könnte.
Was hast du eigentlich im Studium gelernt?
Liebe Janine, „lustig“, dass du dieses Thema ansprichst. Erst vor ein 1 oder 2 Wochen saß ich mit 2 Kommilitoninnen bei Mittag in der Mensa und haben uns gefragt – was haben wir eigentlich die letzten 3 Jahren Studium gelernt? Viel ist tatsächlich nicht hängengeblieben. Klar, kann ich Sachen ausrechnen (bei einigen müsste ich vielleicht nochmal kurz nachschauen, wie es genau ging) oder Buchungssätze bilden, aber ein Großteil habe ich tatsächlich dirket nach der Klausur wieder vergessen – auch in meinem von mir so geliebten Fach Marketing. Du hast Recht – diese ganze Theorie und das Faktenwissen lässt sich mit… Weiterlesen »
Hallo Ela,
schön, dass du dich in meinem Artikel wiederfindest. 🙂 Ich bin also nicht allein. Bei meiner Arbeit als Werkstudentin merke ich auch immer wieder, wie wenig praktisches Wissen ich eigentlich in der Uni beigebracht bekommen habe. Andererseits merke ich aber auch, dass mein Vorgehen bei manchen Problemen anders ist als das von z.B. Informatikern – manchmal führt das zu Reibungen, aber meistens ist es recht gut, so unterschiedliche Sichtweisen zu haben.
Wie wertvoll mein Studium für mich war, werde ich ohnehin erst sehr viele Jahre später bewerten können.
Liebe Grüße,
Janine